Botschaft zum Welttanztag am 29.4.2021 von Tänzer Friedemann Vogel
„Unsere körperliche und mentale Beweglichkeit wird uns helfen, diese Krise zu bewältigen!“
Alljährlich wird der 29. April als Internationaler Tag des Tanzes gefeiert und zu öffentlichen Aktionen aufgefordert. Auch in Deutschland beteiligen sich unzählige Initiativen.
Der Dachverband Tanz Deutschland setzt sich für die Anerkennung der besonderen Stellung der Kultur in der Gesellschaft ein, insbesondere für die verfassungsrechtlich geschützten Freiheit der Kunstausübung. „Nach Monaten der Schließung von Kulturstätten, welche auch mit dem Verlust von Kommunikation und Gemeinschaft verbunden sind, unsere Gesellschaft in Vereinzelung und Radikalisierung abgleitet, darf die besondere soziale, gesellschaftliche Rolle der Kultur nicht länger Lippenbekenntnis bleiben. Auch die notwendige wirtschaftliche Kompensation wird nicht den ideellen Schaden, welchen die Gesellschaft nimmt, auffangen können.“ warnt Michael Freundt, Geschäftsführer der bundesweiten Plattform. Besondere Aufmerksamkeit sei dabei auf den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Angeboten der Kulturellen Bildung zu legen. Durch die künstlerischen, persönlichkeitsbildenden und gemeinschaftsstiftenden Angebote der Tanzensembles und Tanzschulen würden Millionen Menschen in Deutschland geprägt, in Dialog und Begegnung gebracht – ohne Sprachbarrieren, egal welcher kulturellen, sozialen oder religiösen Herkunft.
Eine Anregung zur Reflektion über diese Werte und die soziale Qualität des Tanzes geben auch die Botschaften zum Welttanztag, die alljährlich von international erfolgreichen Choreograf*innen verfasst werden. Zum diesjährigen Welttanztag hat das International Theatre Institute (ITI) den deutschen Tänzer Friedemann Vogel gebeten, eine Botschaft zu verfassen:
„Alles beginnt mit Bewegung – ein Instinkt, den wir alle haben – und Tanz ist Bewegung, die verfeinert wird, um zu kommunizieren. So wichtig und beeindruckend eine makellose Technik auch ist, letztlich ist es das, was der Tänzer in der Bewegung ausdrückt, was die Essenz ist.
Als Tänzer sind wir ständig in Bewegung und streben danach, diese unvergesslichen Momente zu schaffen. Unabhängig vom Tanzgenre ist es das, wonach jede*r Tänzer*in strebt. Wenn wir also plötzlich nicht mehr auftreten dürfen, wenn Theater geschlossen und Festivals abgesagt werden, kommt unsere Welt zum Stillstand. Kein Körperkontakt. Keine Shows. Kein Publikum. Noch nie in der jüngeren Geschichte war die Tanzgemeinschaft so kollektiv gefordert motiviert zu bleiben und unsere Raison d’Être zu finden.
Doch gerade dann, wenn uns etwas Wertvolles genommen wurde, wissen wir erst richtig zu schätzen, wie lebensnotwendig das ist, was wir tun, und wie viel der Tanz für die Gesellschaft im Allgemeinen bedeutet. Tänzerinnen und Tänzer werden oft für ihre körperlichen Fähigkeiten gefeiert, während wir in Wirklichkeit noch mehr von unserer mentalen Stärke getragen werden. Ich glaube, es ist diese einzigartige Kombination von körperlicher und mentaler Beweglichkeit, die uns helfen wird diese Krise zu bewältigen, uns immer wieder neu zu erfinden, um weiter zu tanzen und vor allem weiterhin Menschen zu inspirieren.“
Friedemann Vogel, Erster Solist & Kammertänzer, Stuttgarter Ballett